Die Unabhängige Patientenberatung Deutschland (UPD) gGmbH mit Sitz in Berlin hilft Ratsuchenden, sich im deutschen Gesundheitssystem besser zurechtzufinden und Entscheidungen im Hinblick auf gesundheitliche und gesundheitsrechtliche Fragen selbstbestimmt, eigenverantwortlich und auf informierter Grundlage zu treffen. Wir sprachen mit Thorben Krumwiede (Foto), dem Geschäftsführer der gemeinnützigen Gesellschaft über die Gesundheitskompetenz der Deutschen, die nötige Neuausrichtung des Gesundheitswesens und die Frage, ob sich Patientensouveränität messen lässt.
TÜber die Hälfte der Bürgerinnen und Bürgern in Deutschland verfügen aktuell nur über eine eingeschränkte Gesundheitskompetenz. Bei der digitalen Gesundheitskompetenz sind es sogar drei von vier Bürgerinnen und Bürgern. Zu diesem Ergebnis kam beispielsweise eine aktuelle Studie der Universität Bielefeld und der Hertie School Berlin (Schaeffer et al 2021). Gerade die Corona-Pandemie und die immer wieder stockende Impfkampagne haben uns gezeigt, wie wichtig ein möglichst hohes Maß an Gesundheitskompetenz für jeden Einzelnen wie für die Öffentliche Gesundheit als Ganzes ist. Als Unabhängige Patientenberatung wollen wir mit unserer täglichen Beratungsarbeit und mit unseren Patienteninformationen zum Beispiel zu Digitalisierungsthemen wie der elektronischen Patientenakte (ePA) einen Beitrag zur Stärkung der Gesundheitskompetenz der Bevölkerung schaffen. Denn nur gut informierte Patientinnen und Patienten können wirklich eigenständige Entscheidungen über ihre Gesundheit treffen.
Wir benötigen eine Gesamtstrategie zur Steigerung der Qualitätstransparenz im deutschen Gesundheitswesen - gerade im ambulanten Bereich gibt es nahezu keine Möglichkeit für Patientinnen und Patienten, Qualität und Leistungen verschiedener Praxen und anderer Gesundheitsdienstleister in verständlicher und aussagekräftiger Weise zu vergleichen. Es muss für alle relevanten Bereiche des Gesundheitswesens einfach zu bedienende Vergleichsmöglichkeiten wie Online-Portale geben: Von den Krankenkassen über Kliniken und Arztpraxen über die stationäre und ambulante Pflege bis hin zu Heilmittelerbringern und digitalen Versorgungsangeboten. Für diese noch zu entwickelnde Gesamtstrategie müssen wir davon ausgehen, welche Informationen der Patient oder die Patientin für eine informierte Entscheidung braucht, statt nur mit schon vorhandenen Daten zu arbeiten. In einzelnen Bereichen gibt es hier bereits Ansätze, wie etwa den „Pflege-TÜV“.
Mit dem Begriff der „Patientensouveränität“ ist gemeint, dass Patienten in die Lage versetzt werden sollen, informiert, selbstbestimmt und eigenverantwortlich im Gesundheitswesen agieren und Entscheidungen über ihre eigene Gesundheit treffen zu können. Dafür braucht es ein hohes Maß an Gesundheitskompetenz, das Wissen zu gesundheitlichen Themen, digitalen Versorgungsangeboten und der Funktionsweise des deutschen Gesundheitswesens umfassen sollte. Vor allem brauchen Patientinnen und Patienten aber auch umfangreiche Kenntnis ihrer Ansprüche gegenüber Kassen, Leistungserbringern und anderen Akteuren im System. Die Mehrheit der Beratungen, die wir als UPD leisten, dreht sich um genau solche rechtlichen Fragen. Wie genau das Level an erreichter Patientensouveränität in der Bevölkerung gemessen werden könnte, müsste tatsächlich im Detail im Rahmen eines größeren Forschungsprojekt geklärt werden. Daten, die dafür erhoben werden sollten, wären aber zum Beispiel die Häufigkeit, mit der Patientinnen und Patienten in Entscheidungen einbezogen werden, wie oft sie in ihren Rechten verletzt werden und wie gut sie sich im Mittel über gesundheitliche und gesundheitsrechtliche Themen aufgeklärt fühlen.
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